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Praktische Fototipps für Handwerker*innen: Mit dem Smartphone zu professionellen Bildern

Interview in der Deutschen Handwerks Zeitung www.dhz.de Text: Tim Buttler


Eines haben alle Handwerker gemeinsam: Am Ende sehen sie, was sie mit ihren Händen geschaffen haben. Damit das auch andere sehen können, veröffentlichen viele Handwerker ihre Arbeit online. Für ein professionelles Foto, braucht es dabei keine teure Ausrüstung. Die Smartphone-Fotografin Iris Müller erklärt, wie gute Bilder mit dem Handy gelingen – und worauf speziell bei Objektfotografie zu achten ist.





Einstellungen, Hintergrund, Bildsprache – die Smartphone-Fotografin Iris Müller gibt Tipps für das Fotografieren mit dem Smartphone.

Frau Müller, Sie schulen regelmäßig Mitarbeiter von Handwerksbetrieben darin, qualitativ hochwertige Fotos mit dem Smartphone zu machen. Welchen Mindeststandart sollte ein Gerät erfüllen, damit gute Bilder möglich sind? Iris Müller: Ich empfehle ein Smartphone, das mit zwölf Megapixeln fotografieren kann, damit man auch Details und Schärfe im Bild festhalten kann. Außerdem sollte das Gerät mehr als nur eine Kameralinse haben. Zusätzlich würde ich beim Kauf darauf achten, dass das Smartphone Low-Light-fähig ist. Mit dieser Funktion entsteht beim Fotografieren in dunklen Bereichen kein Bildrauschen und das Bild wird nicht verpixelt. Diese Funktion ist zum Beispiel für Handwerker in Lagerhallen oder in der Produktion von Vorteil. Empfehlenswert ist auch ein eingebauter optischer Bildstabilisator, der Verwacklungen minimiert. Diese Funktionen reichen für den vorgesehenen Zweck völlig aus. Das zeigt auch, was Smartphones heute alles können.

Und was kostet ein Smartphone mit diesen Funktionen? Das lässt sich schwer pauschal sagen. Die Preisspanne für so ein Handy fängt bei 600 Euro an und ist nach oben offen. Ich arbeite zum Beispiel mit dem iPhone 14 Pro Max, das hat knapp 2.000 Euro gekostet. Es gibt aber auch viele gute Smartphones im mittleren Preissegment.

Ich habe also ein passendes Smartphone zur Hand. Welche Einstellungen sollte ich vornehmen, bevor ich mich ans Fotografieren mache? Hier gibt es Unterschiede zwischen Android- und Apple-Geräten. Bei Android-Handys kann man den Pro-Modus aktivieren. Bei Apple ist es einfacher, hier fotografiert man immer mit der höchsten Auflösung. Was beim Fotografieren sehr nützlich ist, ist die Rasterfunktion. Sie hilft dem Fotografen, den Horizont gerade zu halten, damit nicht schief fotografiert wird. Ein gerader Horizont ist ein Zeichen für ein professionelles Bild. Zudem hilft die Rasterfunktion bei der Bildgestaltung.

Braucht es je nach Umgebung noch andere Voreinstellungen? In einem Raum mit Fenster kann der HDR-Modus (High Density Range) hilfreich sein. Das Licht, das durch das Fenster einfällt, leuchtet den Raum nicht gleichmäßig aus. Ohne den HDR-Modus gibt es zwei Möglichkeiten für das Bild. Entweder der Raum ist hell ausgeleuchtet, aber das Fenster ist stark überbelichtet, oder der Raum ist dunkel und das Fenster ist ausgeleuchtet. Im HDR-Modus sind Raum und Fenster gleich stark ausgeleuchtet und man sieht sogar die Umgebung durch das Fenster. Die Aktivierung des HDR-Modus ist bei jedem Smartphone anders. Bei Apple-Geräten kann "intelligentes HDR" normalerweise in den allgemeinen Einstellungen im Ordner "Kamera" aktiviert werden.

Gibt es auch Funktionen, von denen man besser keinen Gebrauch machen sollte? Ich rate davon ab, den Blitz zu benutzen. Meiner Meinung nach bringt er nichts, er ist einfach zu schwach. Er wirft unnatürlich harte Schatten, das Bild sieht dadurch nicht schön aus und wirkt unprofessionell. Aber vielleicht wird sich die Qualität der Handyblitze mit der Zeit noch verbessern.

Der Blitz fällt also weg als Option. Welche Möglichkeiten habe ich stattdessen, ein Werkstück richtig zu belichten? Nehmen wir als Beispiel einen Stuhl. Die Beleuchtung ist sehr wichtig, das Werkstück darf keine harten Schatten werfen. Das passiert oft beim Fotografieren während der Mittagssonne. Beim Stuhl-Beispiel kann es passieren, dass die Rückenlehne unschöne Schatten auf die Sitzfläche wirft, das kommt dem Bild nicht zugute. Ideal wäre ein bewölkter Tag, dann den Stuhl neben ein Fenster stellen, das gibt ein schönes helles Licht. Am besten ist es, das künstliche Licht von Lampen, z.B. in der Werkstatt oder im Büro, auszuschalten und nur mit natürlichem Sonnenlicht zu arbeiten. Die Helligkeit des Bildes kann auch während der Aufnahme eingestellt werden. Beim iPhone und den meisten Handys genügt ein langes Drücken auf das Display bis, oben die AE/AF Sperre erscheint. Nun erscheint neben dem gewählten Fokus eine Sonne. Diese kann nach unten (dunkler) oder nach oben (heller) verschoben werden. Bei der Belichtung auch einfach mal selber ausprobieren: Verschiedene Lichter an- und ausschalten, nur Licht von vorne, Fensterlicht reinlassen oder verdecken – es gibt viele Möglichkeiten.

Worauf sollten Handwerker beim Hintergrund achten? Es ist wichtig, sich immer zuerst die Frage zu stellen: "Wer oder was spielt die Hauptrolle im Bild – der Hintergrund oder das Objekt?" Ich würde einen eher neutralen oder zum Inhalt passenden Hintergrund wählen. Hier gilt die Regel: Kein unruhiger Hintergrund, sonst muss man am Ende noch das Werkstück im Bild suchen. Was viele auch nicht bedenken, der Hintergrund sollte immer aufgeräumt und sauber wirken. Steht eine knallrote Maschine im Hintergrund, stiehlt sie dem Werkstück im Vordergrund die Show.

Wie können Betriebe ihren eigenen Stil bzw. eine eigene Bildsprache entwickeln? Eine Option ist, immer mit dem gleichen Filter zu fotografieren, oder in der Nachbearbeitung immer denselben Filter zu verwenden. Er sollte jedoch sehr sanft und nicht zu stark sein. Das Bild sollte keinen Gelb- oder Blaustich haben. Leichte Farbkorrekturen und Kontrasterhöhungen sind auch eine Möglichkeit, aber hier ist weniger mehr. Beim iPhone können direkt vor der Aufnahme verschiedene Stil-Filter ausgewählt werden, zum Beispiel kalt oder warm. Handwerker sollten schauen, welcher Filter zu ihrem Betrieb passt. Für eine Tischlerei eignet sich ein Filter, der die verschiedenen Brauntöne des Holzes hervorhebt. Beim iPhone sind die Filter direkt beim Öffnen der Kamera zu finden. Oben in der Mitte des Bildschirms befindet sich ein Pfeil. Wenn man auf diesen drückt, öffnet sich unten eine Optionsleiste. Über das Symbol mit den drei Kreisen können die verschiedenen Filtermöglichkeiten auswählt werden. Natürlich kann man das Bild auch nachträglich bearbeiten. Auch hier gilt: Einfach ausprobieren und den eigenen Stil finden. Als Tipp kann ich die App "Pinterest" empfehlen. Hier einfach nach "Bilder Handwerk" suchen und sich inspirieren lassen.

Haben Sie noch mehr Tipps? Wiederkehrende Elemente sind ebenfalls eine gute Option für den Erkennungswert. Betriebe können darauf achten, dass das Firmenlogo immer zu sehen ist. Oder bei Produktbildern immer den gleichen Hintergrund wählen, das kann beispielsweise bei einer Schreinerei immer der gleiche Holzstapel sein. Ich empfehle, die Bilder für die Webseite und die sozialen Medien immer mit dem gleichen Handy zu machen. Zum einen haben die Bilder dann jedes Mal die gleiche Qualität und zum anderen ist der Prozess immer gleich. So lernen die Handwerker mit jedem Bild dazu und müssen sich nicht immer erst an das Handy gewöhnen. Wie gesagt, jedes Handy ist etwas anders, zwischen Android und Apple ist der Unterschied groß. Eine Möglichkeit wäre ein Firmenhandy, das für jedes Bild verwendet wird. Die Expertin empfiehlt, beim Fotografieren die Rasterfunktion des Smartphones zu verwenden.

2. Das Fotografieren

Was sollte der Fotograf grundsätzlich beachten? Es sollte immer aus verschiedenen Perspektiven fotografiert werden. Ob von oben, von unten oder von der Seite, der Fotograf darf nie am selben Punkt stehen und sich nicht bewegen. Oft reicht es schon, in die Knie zu gehen oder ein paar Schritte zur Seite zu treten. Das gilt für das Fotografieren im Allgemeinen, nicht nur für Bilder mit dem Smartphone.

Wie viel Platz sollte das Werkstück auf dem Bild einnehmen? Kehren wir zum Beispiel Stuhl zurück. Auf dem Bild soll es um den Stuhl gehen, also sollte er grundsätzlich komplett auf dem Bild zu sehen sein und den Schwerpunkt des Bildes bilden. Zusätzlich sind Nahaufnahmen von Details sehr schön. Wenn die Stuhlbeine schön gestaltet oder verziert sind, sollte ein Stuhlbein separat fotografiert werden. So sind die Qualität und das Material besser erkennbar. Bei dem Gesamtbild ist es auch moderner und spannender, den Stuhl nicht genau in der Mitte des Bildes zu platzieren, sondern in einem Drittel. Hier hilft die bereits erwähnte Rasterfunktion sehr gut (siehe Bild).

Welche Rolle spielt der Abstand zum Werkstück? Sollte ich lieber weiter weg und zoomen oder näher ran und nicht zoomen? Ich empfehle für solche Aufnahmen das Teleobjektiv zu verwenden. Das funktioniert, indem der Zoom auf 2.0 eingestellt ist. Die Grundeinstellung ist 1.0, also Weitwinkel. Wenn man mit einem Weitwinkel fotografiert, kann es passieren, dass Wände oder Ecken im Bild verzerrt werden. Ein No-Go ist hier das Fotografieren mit einer Einstellung von 0.5, also Ultra-Weitwinkel. Hier stimmen die Proportionen im Bild überhaupt nicht mehr. Der Zoom-Wert wird immer auf dem Display angezeigt, durch Hinein- oder Hinauswischen mit den Fingern verändert sich der Wert.

Was sollte ich bei Detailaufnahmen beachten? Hier kann man sich ausprobieren, um schöne Details, auf die man stolz ist, richtig in Szene zu setzen. Das gelingt mit verschiedenen Zoomeinstellungen und den erwähnten Positionswechsel. Bei Detailaufnahmen ist die richtige Belichtung wieder sehr wichtig, damit alles schön zu sehen ist. Hier empfehle ich, im Gegensatz zu Komplettaufnahmen, mittig zu fotografieren. Auch Spielereien mit der Schärfe sind eine Möglichkeit für professionelle Fotos.

Gerade bei Nahaufnahmen schleichen sich schnell mal Unschärfen ein… Damit Bilder nicht Verwackeln sollte das Handy stabilisiert werden. Ein kleiner, aber wichtiger Tipp ist, mit dem Selbstauslöser zu arbeiten. Eine Einstellung von drei Sekunden reicht aus. Warum? Weil sich das Smartphone beim Drücken der Fototaste immer ein bisschen bewegt, beim Selbstauslöser kann das nicht passieren.

Welche Perspektiven würden sie bei unserem Beispiel Stuhl wählen? Ein Gesamtbild, Detailbilder von Rückenlehne, Beinen, Besonderheiten, Material und Sitzpolsterung. Um einen Kontext zu schaffen, kann der Stuhl auch zu einem Tisch gestellt werden, um die Größenverhältnisse zu verdeutlichen.

3. Nach dem Fotografieren

Wie können die Bilder nachbearbeitet werden? Haben Sie eine App-Empfehlung? Die meisten Handys verfügen über ein eigenes Bildbearbeitungsprogramm. Hier gibt es immer die Funktion "Automatisch anpassen". Das spart Zeit und das Bild ist bearbeitet. In der Galerie können die Bilder meist auch direkt zugeschnitten werden, eine Option ist das quadratische Format für Instagram. Empfehlen kann ich noch die Bildbearbeitungs-App "Snapseed", diese gibt es für Android- und Apple-Geräte.

Wie bekommt man die Bilder ohne Qualitätsverlust auf den Rechner oder Laptop? Der größte Fehler ist das Versenden über WhatsApp, dadurch wird die Qualität der Bilder verschlechtert. Grundsätzlich empfehle ich, die Bilder direkt auf dem Smartphone zu bearbeiten und hochzuladen. Wenn das nicht möglich ist und die Bilder ohne Qualitätsverlust auf den Computer übertragen werden sollen, gibt es mehrere Möglichkeiten. Am einfachsten ist die Übertragung per Kabel. Auch Cloud-Systeme wie Dropbox, Google-Drive oder One-Drive sind Optionen. Mit zwei Apple-Geräten kann auch AirDrop verwendet werden.



Einfach, aber genial: 3 schnelle Tipps von Iris Müller für professionelle Handyfotos

1. Drandenken: Vor dem Fotografieren die Linse des Handys reinigen. Das geht ganz einfach mit einem Brillen- oder Papiertaschentuch. Durch den Kontakt mit dem Ohr beim Telefonieren oder durch das Tragen in der Hosentasche kann die Linse verschmutzen. Das kann zu unscharfen Bildern führen.

2. Nicht verwackeln: Nicht direkt fotografieren, sondern den Selbstauslöser verwenden. Beim Drücken der Fototaste bewegt sich das Smartphone mit, beim Selbstauslöser kann das nicht passieren.

3. Mehr Durchblick: Den Rastermodus aktivieren – so hat der Fotograf einen besseren Überblick über den Bildaufbau und das, was wirklich im Fokus steht (siehe Bild unten).


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